Gute Ärzte ertragen Kritik
Dazwischen bewegt sich Julius Jezernicky, Inhaber der Drogerie Süess in Wädenswil. Dem verärgerten Arzt entgegnet er nüchtern: «Auch Ärzte stellen manchmal Fehldiagnosen – gute Ärzte ertragen Kritik.» Dem besserwissenden Patienten rät er: «Bei gröberen Leiden würde ich immer eine Fachperson und damit auch einen Arzt aufsuchen und mich nicht auf Selbsttests verlassen» – egal, ob diese nun online oder in der analogen Welt erfolgen.
Eigentests übrigens existieren nicht erst seit der Erfindung des Internets. Die Sets, die Drogerien und Apotheken zum Beispiel für die Feststellung von Mängeln an Eisen oder Vitamin D führen, sind schon länger bekannt. Heute sind Symptome, wie sie zum Beispiel ein Reizdarm oder entzündliche Krankheiten hervorrufen, einfach zu deuten. Nieren- und Blasentests sind ausgereift und Alltagsgeschäft, wofür es nicht stets von Anfang an einen Arztbesuch braucht. «Da kann man wenig falsch machen», findet Julius Jezernicky. «Grundsätzlich ist es nicht verwerflich, sich vorzubilden, gerade übers Internet. Früher haben alle den Ärzten einfach alles geglaubt – jetzt sind Patienten mündiger.»
Doch in Zeiten von schwer unterscheidbaren Nachrichten, kommerziellen Neuigkeiten und «Fake-News» ist es für Patienten nicht ganz simpel, online die richtigen Antworten auf die Fragen zu erlangen. Oft stehen hinter Seiten, die als Auskunftspunkte empfohlen werden, handfeste geschäftliche Interessen. Auf die einfache Anfrage: «Bauschmerzen, was tun?», rät «Dr. Google» in erster Linie zur Einnahme eines krampflösenden Schmerzmittels, das mit Marke und Produktfoto gezeigt wird. Was also tun? Kaufen oder weitersuchen, denken und womöglich die Drogerie, Apotheke oder den Arzt aufsuchen? Julius Jezernicky von der Drogerie Süess sagt, dass es als Patient in der Tat schwierig sei, zwischen Online-Werbung und purer Information zu unterscheiden. Er rät zu einem simplen Trick: «Websites, die Links aufführen und zum Kaufen auffordern, würde ich eher mit Zurückhaltung begegnen.»