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Borreliose

«Bei der Borreliose hört es mit den Kräutern auf, hier helfen nur Antibiotika!», lautete die Warnung an Wolf-Dieter Storl. Durch einen Zeckenbiss wurde er mit Borrelien-Bakterien infiziert. Hautrötungen und Kopfschmerzen waren erste Warnzeichen. Auf der Suche nach einem natürlichen Heilmittel entdeckte er zu guter Letzt die Karde.

Kein Kraut gegen Borreliose?

Nach einem nächtlichen Schwitzhüttenritual, an dem ich vor 7 Jahren in Nordamerika teilgenommen hatte, rollte ich mich im taunassen Gras, um mich abzukühlen. Da geschah es: Eine Zecke biss mich unter dem Bauch. Erst 2 Tage später bemerkte ich das Spinnentier. Es hatte sich in einer immunschwachen Situation, als ich überarbeitet und gestresst war, festgebissen. Bald darauf formte sich der rote, wandernde Ring, das so genannte Erythema chronicum migrans. Ich war schlapp und reizbar, hatte Kopfschmerzen, konnte schlecht schlafen und der Lymphknoten in der Leiste schwoll etwas an. Dr. Häringer, ein bekannter Arzt, der sich sonst sehr für die Phytotherapie engagiert, diagnostizierte Borreliose und redete mir eindringlich ins Gewissen: «Bei der Borreliose hört es mit den Kräutern auf, hier helfen nur Antibiotika, und zwar massiv!» In drastischen Bildern malte er den Verlauf der durch Zeckenbisse übertragenen Ansteckung mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi aus: Wenn man nicht sofort mit den Antibiotika anrückt, wird es im zweiten Stadium der Infektion zu neurologischen Ausfällen, Lähmungen, Arthritis, eventuell auch Gehirnhautentzündung (Meningoencephalitis) oder auch Karditis (Herzentzündung) kommen. Im dritten Stadium landet man im Rollstuhl, weil die Gelenke versagen, und zuletzt kann es zu Störungen der Bewegungskoordination (Ataxie), wandernder Gelenkentzündung, Hirnnervenausfall und sogar schweren Psychosen führen. Das Bakterium sei eine der Syphilis verwandte Spirochäte. Und wie dies schreckliche Geschlechtskrankheit ist die Infektion rezidiv, das heisst, die Krankheit verläuft in Schüben, die Symptome setzen zeitweilig aus, so dass der Patient glaubt, er sei auf dem Weg der Heilung, und dann kehren sie umso heftiger zurück.

Notlösung Antibiotika – mehr Nach- als Vorteile? 

Die Beschreibungen von Dr. Häringer erschreckten mich. Im Normalfall kuriere ich meine Leiden vor allem mit Kräutern, Hitzeapplikation und Schlaf. Was aber sollte ich in diesem Fall machen? Vor Jahren kam es bei mir, infolge einer Behandlung mit Antibiotika, zu einer Superinfektion, an der ich jahrelang schwer zu leiden hatte. Auch sonst war mir bewusst, dass die Antibiotika nur mit grösster Vorsicht zu geniessen sind, da sie einen massiven Eingriff in das körpereigene Immunsystem darstellen: Sie zerstören die symbiotische Darmflora, die ein wesentlicher Bestandteil der körpereigenen Abwehr ist; sie erzeugen ein pilzfreundliches Klima im Körper und begünstigen so Candida albicans und andere Pilzinfektionen; sie können allergische Reaktionen bis hin zum seltenen, lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen. Das natürliche innere Ökosystem, das den Organismus normalerweise gegen Infektionen schützt, wird dabei gestört. Ich war innerlich hin und her gerissen. War ich etwa paranoid, dass ich nicht die Antibiotika-Kur machen wollte? War eswirklich so, dass in diesem Fall kein Kraut der Krankheit gewachsen war? Ich hatte das Gefühl, die Zeit dränge. Jeden Tag – so stellte ich mir es vor – breiten sich die Spirochäten weiter aus und befallen Gelenke, Gehirn und andere vitale Organe. Ich las alles, was ich zum Thema finden konnte. Da stiess ich im ärztlichen Handbuch für Diagnose und Therapie «Consilium Cedip Practicum» (1995) auf eine Statistik, die besagt, dass 23,8% der Waldarbeiter in Deutschland Antikörper gegen die Borreliose aufweisen, ohne dass sie überhaupt wissen, dass sie jemals infiziert wurden. Eine Studie der American Medical Association (1995) stellte fest, dass nur die Hälfte der Patienten mit der Diagnose Borreliose auch tatsächlich darunter litt. Wenn das Immunsystem die Fähigkeit hat, Antikörper gegen diese Spirochäten zu produzieren, dann muss man logischerweise das Immunsystem mit allen Mitteln unterstützen. Da Antibiotika immun-suppressiv wirken können, also die körpereigene Abwehr dämpfen, schienen sie – so meine Schlussfolgerung– nicht unbedingt die geeigneten therapeutischen Mittel zu sein.


«Bei der Borreliose hört es mit den Kräutern auf, hier helfen nur Antibiotika!»

Die Immunkräfte stärken 

Die beste Kur ist also, die Immunkräfte so sehr wie nur möglich zu stärken. Folgende Massnahmen können dabei hilfreich sein:

  • genügend Schlaf
  • Bewegung in frischer Luft und im Sonnenschein
  • Eine ausgewogene Diät mit viel frischem Obst und Gemüse; vor allem Möhren und Rote Beete, die viel Karotinoide enthalten, die wichtig sind in der Bekämpfung von Infektionen. Ebenfalls viel Knoblauch, Bärlauch oder Zwiebel, deren schwefelhaltiges, ätherisches Öl (Allicin) eine antimikrobielle Wirkung aufweist und zugleich die Aktivität der Killerzellen erhöht.
  • Weitere Stärkung des Immunsystems durch Anwendung des purpurnen Sonnenhuts (Echinacheae). Als Unterstützungstherapie bei Borreliose verschreibt der bekannte amerikanische Phytotherapeut Dr. James A. Duke eine 3-wöchige Kur, in der man pro Tag jeweils 6 Kapseln zu je 450 mg des abwehranregenden Wurzelpulvers einnimmt.

«Pferdemedizin», Tee, ätherisches Öl 

Diese naturheilkundlichen Massnahmen sind vernünftig. Sie wirken aber nur unterstützend. Ich glaubte nicht, dass sie in einem gravierenden Fall, wie einer Infektion mit Lyme-Borreliose, an sich genügen. Also ging ich zu meinem Freund und Nachbarn: der eher unorthodoxe, aber erfolgreiche Naturheiler Dr. rer. nat. Gerhard Orth.2 «Ja», sagte dieser, «ich habe schon eine ganze Reihe Patienten gehabt, die sich, trotz hoch dosierter Behandlung mit Tetrazyklin, Penicillin und anderen Antibiotika, im Rollstuhl in meine Praxis schleppten.» Als er sah, wie erschrocken ich war, fügte er hinzu: «Keine Sorge, so weit braucht es nicht zu kommen!» Dr. Orths Therapie bestand aus folgenden Massnahmen:

  • 2x täglich 5 Tabletten «Multiplasan» mit reichlich Flüssigkeit einnehmen. Multiplasan, hergestellt aus mehreren, zu Pulver verriebenen und zu Pillen gepressten Kräutern, war ursprünglich – ich sage es mit vorgehaltener Hand – ein Mittel aus der Veterinärmedizin zur Behandlung von Verdauungsstörungen bei Pferden. Ich analysierte den Inhalt dieser «Pferdemedizin». Die Pillen bestehen fast ausschliesslich aus Leberstoffwechsel anregenden Pflanzen: von der Schafgarbe bis zur Wegwarte. Das ist zweifellos eine sinnvolle Therapie: Bei Infektionskrankheiten ist es wichtig, die Leber in ihrer entschlackenden, stoffwechselfördernden Funktion zu unterstützen. Das inzwischen auch in der Schweiz erhältliche indische Präparat Liv-52, bestehend aus die Leberfunktion unterstützenden Himalaja-Kräutern, wäre, meines Erachtens, ebenso gut. Auch Schafgarbentee (3 Tassen/Tag), Löwenzahnwurzel, durchwachsener Wasserhanf (Eupatorium perfoliatum) oder Mariendistelpräparate würden ähnliche Wirkung haben.
  • Neben den Leberpillen sollte der Patient jeden Tag bis zu einem Liter Goldrutentee am besten eine Mischung der europäischen Goldrute (Solidago virgaurea) und der kanadischen (S. canadiensis oder S. gigantea) – trinken. Der Tee (1 EL/Liter) wird heiss aufgebrüht oder als Kaltwasserauszug 8 Stunden lang mazeriert, ehe er getrunken wird. Das regt die Nieren an und schützt sie vor Reizung, die eventuell durch die Wacholderbeeren im «Multiplasan» entstehen könnte.
  • Das Einreiben des Körpers (3x täglich, vor allem in den Kniehöhlen und Armbeugen) mit dem aromatischen «H-14»-Öl hemmt die Vermehrung der Borrelien. Das Öl besteht zu 3 Teilen aus Olivenöl und zu 2 Teilen aus ätherischen Ölen (Wacholderbeeren, Pfefferminz, Kalmus, Anis, Rosmarin, Kümmel, Fenchel, Eukalyptus, Zitrone, Melisse, Salbei, Citronella, Thymian, Zimt, Nelken). Diese ätherischen Öle, von der Haut aufgenommen, entfalten im Körper u.a. eine bakteriostatische (keimhemmende) Wirkung.
  • Zusätzlich verschreibt Dr. Orth 0,5 g Propolis-Pulver (Bienenharz, reich an Benzencarbon- und Phenylacrylsäuren, Benzyl- und Phenylalkohole und Flavonoide) mit 0,5 g Zimt, einzunehmen in Apfelbrei oder Joghurt. Auch hier wird eine antimikrobielle Wirkung erzielt. Ich folgte Dr. Orths Rat und merkte, dass es mir besser ging. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass die Borrelien noch immer in mir lauerten und darauf warteten, sich erneut auszubreiten.
Zecke Handfläche

Parallelen zur Syphilis 

In meinen Studien als Ethnologe wurde ich immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass bei den meisten Völkern – wie auch einst bei den Europäern – die Überzeugung besteht, dass gegen jede Krankheit ein Kraut gewachsen ist. Dieser Glaube wurde in der westlichen Welt erschüttert, als sich die von Columbus aus der Karibik eingeschleppte Lustseuche (Syphilis) rapide epidemisch verbreitete. Weder die Kräuter der alten Kräuterfrauen noch die der Klosterbrüder konnten der schrecklichen Seuche Einhalt gebieten. Weder die erweichenden, lindernden «Venuspflanzen», wie Malve oder Schafgarbe, noch die konträr eingesetzten «Marspflanzen» konnten die venerische Krankheit aufhalten. Man griff zu den giftigen Quecksilberpräparaten der arabischen Alchemie – so wurde die chemische Medizin geboren. Dennoch gab es keinen wirklichen Grund zur Ablehnung einer pflanzlichen Therapie, denn die Indianer der Karibik behandelten die Syphilis mit einer Kombination von heissen Schwitzbädern, Diät und Abkochungen aus dem Harz des Pockenholz- oder Guajakholzbaumes (Guajacum officinale). Inzwischen zeigen Studien, dass Schwitzbäder, die die Körpertemperatur auf 42°C steigern, und das Trinken grosser Mengen der Guajacumabkochung durchaus imstande sind, die Syphilis-Spirochäten im Körper abzutöten.4 Theoretisch könnte man diese Syphilistherapie (Guajakum, Schwitzbad, Diät) auch bei der Borreliose einsetzen, da es sich um eine ähnliche, remittierende, durch Spirochäten verursachte Infektion handelt. Die Amerikaner sprechen nicht ohne Grund von der Krankheit als «Reh-Syphilis» (deer syphilis). In der Phytotherapie wird das Pockenholz gelegentlich noch immer bei Gelenkrheuma, Arthritis und Hautkrankheiten eingesetzt. (Dosierung: 1 g Harz auf 250 ml Wasser; schluckweise trinken. Oder Tinktur: 20 bis 30 Tropfen täglich einnehmen.) Leider ist Guajakumharz, von guter Qualität, schwer zu bekommen. Vielleicht, überlegte ich, gibt es ein anderes Kraut, das der Krankheit gewachsen ist; ein Kraut, das bei uns wächst und leichter zu handhaben ist.

In dem sachkundigen Buch The Book ofHerbal Wisdom des amerikanischen Phytotherapeuten Matthew Wood wurde ich fündig. Wood, ein Experte der altüberlieferten chinesischen Pflanzenmedizin, erkannte, dass die Chinesen die Karde (Dipsacus asper oder D. japonica) bei einem Symptomkreis anwenden, der ganz demjenigen der Borreliose entspricht. Sie nennen das Skabiosengewächs «Xu Duan» («Wiederherstellung dessen, was zerbrochen ist»); sie benutzen es bei traumatisierten Gelenken und Muskeln. Es gilt als eines der besten Mittel für die Stärkung der «Nierenessenz» (Jing) und des «Leber-Bluts». Nach Matthew Wood ist die Lyme-Borreliose (die «deer-syphilis») eine moderne Form des «syphilitischen Miasmas» (nach Hahnemanns homöopathischer Miasmalehre). 6 Nach Wood regen die von den Zecken übertragenen Spirochäten bei den Rehböcken das Wachstum des Geweihs an, beim Menschen jedoch wirken sie wie eine syphilitische Infektion, sie produzieren chronische Inflammation der Muskeln und Gelenke. Diesem Hinweis aus der chinesischen Medizin folgend, entwickelte Wood eine alkoholische Tinktur aus der Wurzel der einheimischen Karde (Dipsacus sativa; D. fullonum, D. sylvester). Damit behandelte er die Borreliose-Fälle in seiner Praxis. 

Heftige Reaktionen 

Der 1. Fall, den Wood behandelte, verlief dramatisch. Eine Frau, mittleren Alters, die 5 Jahre nach ihrer Ansteckung arbeitsunfähig und invalid war, reagierte nach 2-wöchiger Einnahme der Tinktur zuerst mit einem genitalen Ausschlag. Nach 3,5 Wochen fühlte sie sich bedeutend wohler. Alle 4 darauf folgenden Blutuntersuchungen erwiesen sich als negativ; mit anderen Worten: es waren keine Spirochäten mehr nachweisbar. Beim 2. Fall behandelte er eine Frau, die seit 6 Jahren infiziert war und die typischenSymptome aufzeigte: Muskel- und Gliederschmerzen, chronische Müdigkeit, Verlust geistiger Klarheit. Das Einnehmen der Tinktur führte zuerst zu einer Verschlechterung der Symptome, gefolgt von einem Hautausschlag und anschliessend zu einer Besserung. Die weiteren Fälle, die Matthew Wood erwähnt, verliefen ähnlich. 

Selbstversuch mit der Kardentinktur 

Der Bericht Woods faszinierte mich. Im Spätsommer 2001 leitete ich einen Phytotherapiekurs im ländlichen Ungarn. Da dort viele kräftige Karden wuchsen, liess ich die Studenten die Wurzeln graben und die Tinktur herstellen. Dabei liessen wir auch nicht ausser Acht, wie in der Ayurveda und anderen Heilertraditionen üblich, das Heilmittel in einer guten geistigen Gesinnung herzustellen. Zu Hause gab ich die so gewonnene Tinktur einigen Borreliose-Patienten, die mir bestätigten, dass es ihnen daraufhin viel besser gegangen sei. Vor allem aber probierte ich die Tinktur im Selbstversuch aus. Ein anderer Patient, der ebenfalls mit Borreliose infiziert war und an Gelenkschmerzen litt, schloss sich dem Selbstversuch an. Über eine Woche hinweg assen wir wenig und nahmen jeden Tag einen Teelöffel der äusserst bitteren Wurzeltinktur ein. Unser Bewusstsein richteten wir ganz auf den Körper und auf die psychosomatischen sowie energetischen Reaktionen. Zuerst merkte ich, wie die bitteren Tropfen reflexartig die Verdauungsdrüsen anregten; dann – auf einer eher energetischen Ebene – kam es einem vor, als strahle eine Energie zentrifugal, von innen her, bis über die Hautoberfläche. Es war, als schössen spitze Energiepfeile in allen Richtungen aus dem Körper heraus. Auch mein Begleiter machte ähnliche Erfahrungen. Wahrscheinlich ist es diese von innen wegstrebende Energie, die für den von Wood erwähnten Ausschlag – als Vorbote der Besserung – verantwortlich ist. Wir hatten beide den Eindruck, als würden die schädlichen Keime herausgedrängt. Plötzlich kam mir auch die Physiognomie der Kardenpflanze in den Sinn: Die Stängel sowie die Unterseite der Blattadern, ja selbst die Blüten, sind mit spitzen Stacheln übersät. Nach Rudolf Steiner und den anthroposophischen Botanikern sind Stacheln und Dornen sichtbare Äusserungen zurückgestauter, nach aussen strahlender ätherischer Kräfte. Und genau so schien es auch: In der Selbstbeobachtung erlebten wir, wie diese ätherischen Energien im Mikrokosmos des Leibes befreit wurden und, indem sie nach aussen strahlten, die pathogenen Organismen energetisch «hinausdrückten». 

Die Wurzelkur der Kräuterfrau 

Bei einem Heilpflanzenkurs in Bayern erzählte ich von der viel versprechenden Kardenwurzeltinktur zur Behandlung der Borreliose. Da meldete sich eine stämmige, ältere Kräuterfrau und Heilpraktikerin zu Wort. Sie sagte, das wisse sie schon lange. Sie benutze die Wurzel auch als Tee, um Arthrosen und rheumatische Gelenke zu behandeln. Sogar bei Spondylarthritis (Entzündung der Wirbelgelenke) hätte sie damit Erfolg. Die 3 wöchige Rosskur besteht aus einer Woche Fasten, eventuell mit Rohkost, wobei der äusserst bittere, reinigende Tee (1 TL/Tasse, überbrühen, ziehen lassen, nicht süssen) während der Zeit schluckweise, bis zu 3 Tassen am Tag, getrunken wird. Nach einer Woche fängt der Patient wieder an Mahlzeiten zu sich zu nehmen, aber trinkt den Tee noch für 2 weitere Wochen. Bei Borreliose, meinte sie, sei es angebracht, vorsichtshalber jeden Monat mit einer 1- bis 3-tägigen Wurzeltee- Kur nachzubehandeln (ohne dabei unbedingt zu fasten). Die Spirochäten seien auf die Mondrhythmen eingestimmt und hätten alle 28 Tage Vermehrungsschübe. Angeregt durch den Bericht der Kräuterfrau forschte ich nun in der überlieferten europäischen Heilkunde. Dabei fand ich heraus, dass die Kardenwurzel schon seit langem als reinigend und entgiftend bei Gicht, Arthritis, Rheuma, Wassersucht, Dermatose, Furunkeln, Lebersucht und Akne gilt. Innerlich wirkt die Kardenwurzel stark harn-, galle- und schweisstreibend sowie Leberstoffwechsel anregend. Die italienische Volksmedizin kennt zu diesem Zweck ein Dekokt (Abkochung), wobei die zerkleinerte Wurzel kurz aufgekocht (2 g auf 100 ml Wasser) und am Morgen auf nüchternen Magen getrunken wird. In der Renaissance wurde die Wurzel in Wein gekocht, zu Brei zerstampft und «in den Spalten des Unterkörpers gegen Warzen und Fisteln» äusserlich appliziert. Weitere Forschung und klinische Untersuchungen sind vonnöten. Dieser Beitrag soll lediglich einen möglichen Weg zur phytotherapeutischen Behandlung der Lyme-Borreliose aufzeigen. Ich für meinen Teil bin der Karde sehr dankbar. 


Weltweit sind rund 850 Zeckenarten beschrieben.

Krankheitsüberträger 

Weltweit sind rund 850 Zeckenarten beschrieben. In unseren Breitengraden haben 8 Vertreter der Schildzecken-Gruppe (Ixodidae mit etwa 650 Arten) eine besondere Bedeutung als Überträger der Viruserkrankung Früh-Sommer- Meningo-Encephalitis (FSME) und der erst seit 1975 bekannten Lyme-Borreliose (Erreger: das Spirochätenbakterium Borrelia burgdorferi) erlangt, wobei sich aber längst nicht alle Zecken an dieser Vermittlungsaufgabe beteiligen, das heisst: nicht alle von ihnen sind infiziert. Die Zahl der Lyme-Borreliosefälle, die in der Schweiz pro Jahr auftreten, wird mit rund 2000 angegeben, jene der FSME mit etwa 50. In den Tropen sind Zecken Überträger (= Vektoren) für Fleck-, Rückfall- und Texasfieber. Zecken haben das Talent, an einer Vielzahl verschiedener Wirtstiere (inkl. Menschen) zu saugen. Ihre Anpassungsfähigkeit und ihr langer Lebenszyklus von 2 bis 4 Jahren machen sie ihrerseits zu idealen Wirten von verschiedenartigen Krankheitserregern: Viren, Rickettsien (aerobe Stäbchen- oder Kugelbakterien, welche die Ehrlichiose mit grippeartigen Symptomen verursachen), Spirochäten (schlanke, spiralförmige Bakterien der Familie Leptospiraceae), Pilzen, Protozoen (Urtierchen), Nematoden (Fadenwürmer) und anderen. Manche Zecken leben dauernd auf ihrem Wirt (so Boophilus bovis); andere, wie die Argasiden, beehren ihre Opfer nur mit kurzen Besuchen; sie können jahrelange Hungerzeiten ertragen.Die Kenntnisse der Lebensgewohnheiten der Zecken sind für alle Leute wichtig, die «Gegen Zeck auf Zack» sein wollen, wie der Schweizerische Versicherungsverband einst eine Informationskampagne nannte. Besondere Berühmtheit erlangte die Zeckenart Ixodes ricinus (auch «Holzbock» oder «Schafszecke» genannt), weil deren Angehörige die erwähnten Krankheiten übertragen können; sie ist es also, die im Rampenlicht steht, auch ihrer Häufigkeit wegen. Die Blut saugenden Vampire, als die sie oft dargestellt werden, sind sie nicht: Sie ernähren sich zwar von Blut, aber nur ausnahmsweise von menschlichem. Mit ein paar Tropfen sind sie zufrieden. Nur etwa jede Hundertste bis Fünfhundertste Zecke schleppt das FSME-Virus mit sich herum; und lediglich bei 30 bis 40% der infizierten Menschen machen sich Krankheitssymptome bemerkbar, wobei bei rund 10% von ihnen ernste Schäden am Zentralnervensystem auftreten; das relativiert schon. Demgegenüber soll in der Schweiz etwa jede 3. bis 5. Zecke mit dem Borreliose-Virus infiziert sein, wie der Kreuzlinger Zeckenspezialist Thomas Kerch festgestellt hat; gegen diese letztere Krankheit gibt es keinen Impfstoff. Den stecknadelkopfgrossen Zecken aus der Familie der Spinnentiere (Unterfamilie: Milben) gefällt das Leben im Geäst des Unterholzes oder im Gestrüpp von Parkanlagen in gemässigten Klimazonen, wo sie sich an Feuchtigkeit des nahen Erdbodens und an die verschiedenen Klimazonen bis etwa 1000 m ü. M. gut anpassen können; sie müssen sich vor dem Austrocknen schützen. Trockene Sommer und kalte Winter überstehen sie in einem Ruhestadium, eine Art energiesparendem Stand-by. Sie leben höchstens 80 cm über der Bodenoberfläche, also niemals auf Bäumen, wie das noch vor einigen wenigen Jahren angenommen wurde (damals regneten Zecken förmlich auf Spaziergänger und Jogger herunter. . .). Der momentane Stand des Wissens ist dieser: Wenn ein Wirtstier mit seinen spezifischen Duftausscheidungen und seiner spezifischen Temperatur vorbeikommt, lässt sich die hungrige Zecke abstreifen, hält sich mit Widerhaken an Haut und Haaren fest und sucht einen geeigneten Ort zum Stechen und zum Blutsaugen, was einige Stunden oder Tage in Anspruch nehmen kann. Während des Saugens vergrössert sie ihr Volumen um ein Mehrfaches. Haustiere wie Hunde werden oft geschützt, indem man duftende Essenzen wie Teebaumöl in ihr Fell einreibt, um die Zecken zu verwirren; vielleicht haben parfümierte Menschen den selben Effekt. Auch den Knoblauchduft haben Zecken gar nicht gern. Entdeckt man nach einem Spaziergang auf der Haut eine Zecke, kann diese mit einer Pinzette oder einer Zeckenzange (ohne Drehbewegung) entfernt werden. (Ein Tropfen Öl als Hilfsmittel, wie das früher empfohlen worden ist, ist gerade wieder ausser Kurs, weil sich die Zecke in der Ölhülle übergeben muss und dabei einen Teil ihres Mageninhalts inkl. allfällige Erreger in unserem Körper deponiert.) 

Die Zecke lebt vom Blut allein 

Die Blutmahlzeit braucht die weibliche parasitische Milbe unbedingt, um ihre Eier auf dem Boden ablegen zu können; es sind Hunderte, oft Tausende. Dann stirbt die Zecke – ihre Aufgabe ist erfüllt. Aus den Eiern entwickeln sich innerhalb weniger Wochen die Larven, die kaum einen Millimeter gross sind. Diese Zecken-Miniausgaben mit vorerst nur 6 (später 8) Beinen müssen wieder auf einen Blutspender warten; sie klettern auf Grashalme oder einfach auf eine Pflanze, warten, bis ein lebenssafthaltiges Wesen vorbeistreift, worunter u. a. alle Säugetiere fallen, und klammern sich reflexartig fest. Nach der ersten Blutmahlzeit lassen sich die Jungtiere zu Boden fallen und häuten sich zur Nymphe. Die Nymphen suchen wiederum einen Wirt, saugen sich voll, lassen sich zu Boden fallen und häuten sich schliesslich zur adulten Zecke. Um die im Blut enthaltenen Nährstoffe zu konzentrieren und überschüssiges Wasser loszuwerden, pumpt die Zecke während ihrer Mahlzeit immer wieder Speichel ins Gewebe ihres Opfers. Während dieses Prozesses gelangen manchmal auch die Erreger der von Zecken übertragenen Hirnhautentzündung und der Lyme-Borreliose in den Körper des Wirtes. Im Übrigen trinken Zecken nicht auf übliche Weise, sondern sie decken ihren Wasserbedarf ausschliesslich aus ihren Blutmahlzeiten und durch die Aufnahme von Wasserdampf aus der Luft.

Text: Dr. Wolf-Dieter Storl, Bilder: Pixabay

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